Warum es so schwer ist, NEIN zu sagen

Wie 2 Wörter darüber entscheiden, ob wir glücklich leben oder nicht.

Kein Wort kommt uns schwerer über die Lippen als das NEIN; Richtig eingesetzt, schafft es uns jedoch wichtige Freiräume oder schaltet Widersacher in Gesprächen aus.

„NEIN!“ Dieses Wort könnte der Anfang eines Gesprächs sein.

,,Kannst du mir helfen?“ – ,,Ja, klar: ‚  Schwupp, wie automatisch ist das Ja schon ausgesprochen , längst bevor uns klar wird, dass ein NEIN besser gewesen wäre. Denn erst später fällt uns auf, dass wir uns damit zum Beispiel ein Zeitproblem geschaffen haben – doch wie­der einmal war das JA schneller.

Aber warum ist das so? Was steckt eigentlich dahinter, dass wir bei bestimmten Situation und Konstellationen, nicht NEIN sagen zu können?

Häufig werden mit dem NEIN negative Befürchtungen verknüpft, wie etwa die Angst, nicht mehr gemocht, an­erkannt, wertgeschätzt oder geliebt zu wer­den. Es werden negative Konsequenzen, Ab­lehnung oder Konflikte befürchtet und die Annahme, als egoistisch, faul oder rücksichts­los zu gelten.
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An einem NEIN können also enorme Schwer­kräfte wirken – Schuldgefühle, ein schlech­tes Gewissen und Ängste – die sich mit ei­nem schnellen Ja ruckzuck aushebeln lassen. Zumindest kurzfristig. Doch wie kommt es zu diesen Verknüpfungen?
Dafür gibt es verschiedene Erklärungen.
Mit den folgenden Fragen kann man ihnen auf die Spur kommen.
Welche Erfahrun­gen hat man in seiner Herkunftsfamilie, seinen bisherigen Beziehungen gesammelt?
Hat man durch sein Verhalten, also durch das Bejahen von Anfragen, bestimmte Konsequenzen er­lebt, die für einen erst einmal positiv waren? Hat man auf ein NEIN hingegen Ablehnung erfah­ren?
Jeder von uns hat auf ein JA und auf ein NEIN hin schon einen unterschiedlichen Ge­sprächsverlauf erlebt.

Wenn ein NEIN für uns häufig den Abbruch des Gesprächs bedeutet hat, haben wir das als Glaubensmuster unbewusst abgespeichert: Aus Angst. dass man das nicht tun darf, denken, wir sind ungehorsam und sagen folglich zu schnell JA. So können wir kurzfristig die eigene Anspannung reduzieren, weil wir sofort merken: Okay, mein Gegenüber ist zufrieden.

Doch langfristig kann es sein, dass wir verärgert auf uns selbst werden, weil wir die Ausvwirkungen der Zusage für uns unmittelbar nicht präsent hatten.

Übrigens, grundsätzlich kann man nicht sagen, dass jemand zu selten oder zu häufig NEIN sagt. Es gibt durchaus Menschen, die sehr zufrieden und sehr damit einverstanden sind, viel für andere zu tun. Es entspricht­ persönlichen Werten, kooperativ zu sein, immer erst einmal zu schauen, ob sie allen etwas abnehmen können. Diese Menschen sind in vielen Fällen ganz gesund, sehr ausgeglichen und besonders geschätzte Kollegen und Freunde. Probleme gibt es erst wenn man bemerkt, dass es in einem Fall widersprüchliche Bedürfnisse gibt oder konkurrierende Werte eine Rolle spielen.

Und hier beginnt der erste Teil der Problemlösung

Wir müssen uns einen Moment des Innehaltens verschaffen, um uns bewusst zu werden, welche bestimmten persönlichen Werte und Bedürfnisse man hat.

Folgende Fragen solltest Du Dir stellen:

  • Führt mich das langfristig zu mehr Wohlbefinden? Wichtig bei dieser Entscheidung ist der Blick auf den eigenen „Akku“
  • Welche Energie­reserven habe ich derzeit?
  • Wozu bin ich bereit?
  • Wie weit möchte ich gehen?
  • Möchte ich jetzt gerade JA sagen oder nicht?

Es muss uns klar sein, dass beide Optionen vollkommen in Ordnung sind:
„Ja, ich helfe dir: Denn es macht mich glücklich, andere zu un­terstützen und ihnen eine Freude zu machen, und ich habe auch noch ausreichend Energie dafür“.
Ebenso, wie: „Nein, ich möchte das nicht: Denn ich habe für mich entschieden, dass es jetzt meine Ressourcen zu sehr strapazieren würde, so sehr, dass ich mich nicht mehr um andere Dinge kümmern könnte, die mir eben­falls wichtig sind. Und es ist mein Recht, für mich selbst einzustehen“.

Das Nein müssen wir nicht vor dem anderen rechtfertigen

Es ist sogar klüger, es nicht zu tun, denn dann kommt man zu schnell in eine Überzeugungs­schleife.
Und beim Überzeugen gibt es immer einen Verlierer. Sicher, ein schlichtes Nein er­füllt uns im ersten Moment mit Unbehagen.
Doch jetzt gilt es, korrigierende Erfahrungen zu machen, unsere Glaubenssätze zu ändern.
Dafür müssen wir uns vorher ganz konkret klar machen: Was sind meine Befürchtungen, was ist mein Kopf­kino?
Und wie würde ich die Situation mög­lichst ohne Bewertung beschreiben, was ist überprüfbare Realität?
Dazu ein sehr plakati­ves Beispiel: Wenn mein Freund mich fragt, ob ich ihm am Wochenende beim Umzug helfen kann und ich NEIN sage, dann wird er mir auf der Stelle die Freundschaft kündigen: Wenn das meine katastrophisierenden Befürchtun­gen sind, dann kann es hilfreich sein, diese aufzuschreiben.

Etwas schwarz auf weiß zu sehen, erhöht die Wahrscheinlichkeit, seine Absurdität zu erkennen.
Solange ich etwas nur im Kopf durchspiele, wirken die verrücktesten Dinge richtig.
Sieht man den Satz geschrieben vor sich, kann man leichter eine innere Distanz gewinnen und auch das Drumherum besser sehen.

In diesem Beispiel: Wie wahrscheinlich ist die von mir befürchtete Reaktion des Freun­des?

Sollte er wirklich so reagieren, möchte ich meinerseits denn überhaupt mit jemandem befreundet sein, der so wenig Verständnis für meine Bedürfnisse und Grenzen zeigt?
Im nächsten Schritt heißt es dann, die Probe aufs Exempel zu machen: NEIN sagen.
Das sollte man spielerisch und experimentierfreudig üben, indem man zunächst leichte Situatio­nen wählt, wie etwa im Geschäft den Kassen­bon ablehnen oder andere eher harmlose Anfragen verneinen.

Lassen wir uns überraschen, wie unser Gegen­über darauf reagiert. Es ist gar nicht sicher, ob der andere verletzt oder enttäuscht ist. Ebenso kann es sein, dass er verständnisvoll reagiert, und alles ganz glimpflich abläuft. Oder noch mehr: Das NEIN wird der Anfang eines wun­derbaren Gesprächs!

Wer ständig die eigenen Bedürfnisse ignoriert um anderen zu gefallen oder um Konfrontationen aus dem Weg zu gehen, macht sich selber krank. Wer sich selber derart überfordert und unter Druck setzt, bewegt sich auf einen Burnout zu.

Fünf Mal habe ich heute JA gesagt, Jedes einzelne Mal habe ich es hinterher bereut!

Das sollte wirklich niemand von sich sagen. Deswegen hier einige Tips, das zu verhindern.

4 Tipps für einen notorischen Ja-Sager

  • 1. Vereinbare Termine mit Dir selbst. Diese sind eine gute Gedächt­nisstützen in Momenten, in denen Du versucht bist, Ja zu sagen, obwohl Du es gar nicht willst.
  • 2. Nimm dir Zeit für Deine Entscheidung und lasse Dich nicht drängen. Sonst gerätst Du eher in eine Situation, in der Du, ohne groß zu überlegen, JA sagen würdest. Was da helfen könnte, wäre, die Entschei­dung in diesen Momenten erst einmal zu verschieben. Verschaffe Dir Zeit.
    Am Telefon könntest du beispietsweise sagen: Ich müsste erst einmal sehen, ob ich wirklich kann. Ruf mich doch einfach noch mal an. Dabei ist ganz wichtig, dass Sie nicht sagen: Ich rufe dich zurück. In diesem Fall würden Sie sich nicht entlasten. Sie könnten auch sagen: Melde dich noch mal, wenn es noch relevant ist.

    Damit öffnen Sie die Tür für eine andere Lösung.
  • 3. Halte inne. Auch wenn Du spontan um einen Gefallen gebeten wirst, könntest Du fünf Minuten tief durchatmen und überprüfen, wieviel Energie Du tatsächlich noch zur Verfügung hast.
  • 4. Protokolliere die Situationen, in denen Du Probleme hast, Nein zu sagen. So lernst Du, Deine Gefühle genauer zu analysieren, und kannst die Gründe aufspüren, die es Dir so schwer machen, nicht JA zu sagen.

Dürfen unsere Kinder NEIN sagen?

Für Kinder ist es besonders wichtig, NEIN zu sagen, zu uns, aber vor allem zu fremden Menschen.

Es ist ein wichtiger Prozess der Selbsterfahrung zu lernen, dass auch ein NEIN akzeptiert wird. Es ist auch ein wichtiger Prozess, die Konsequenzen des NEIN zu tragen, auch schon in jungen Jahren.

In meinen Kursen werden die Kinder zu nichts gezwungen. Sie lernen aber durch das Beobachten der anderen Kinder und werden dadurch ermutigt, selber die positiven Erfahrungen zu machen.
Die Kinder werden dazu ermutigt und motiviert, sich den positiven Erfahrungen der anderen Kinder anzuschließen, ohne Druck, nur durch ihre freie Entscheidung.

Stell Dir vor, Du hättest es geschafft, wie würdest Du Dich dann fühlen?

Das ist ein wichtiger Schlüsselsatz. Jeder Mensch will sich gut fühlen im Leben, alle Menschen haben dieses Bedürfnis nach einem guten Gefühl. Die Phantasie des Kindes wird angeregt und die Motivation steigt, sich dieses gute Gefühl zu holen.

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